Lilly - 14.11.21 - Boxer Nothilfe Deutschland e.V.

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Lilly - 14.11.21

Boxer > Zum Gedenken > 2021
15.11.2021


Lilly
  
18. Juni 2010 - 12. September 2021


Mit einem Hund aufzuwachsen, ist wahrscheinlich eines der größten Geschenke,  dass man seinem Kind machen kann. Mir wurde als Kind dieses Geschenk zu Teil. Und bei mir war es eben nicht „nur“ ein Hund, sondern ein Boxer. Mit war immer klar, dieses Geschenk möchte ich meinen Kind auch ermöglichen und es muss ein Boxer werden.
 
 
Was dann irgendwann geschah, haben wir Immer als Schicksal, Vorhersehung oder Magie empfunden. Manchmal ist man einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Ich schaute mich zufällig auf der Seite der Boxernothilfe um, sah das Bild von Lilly, das gerade mal ein paar Minuten online war und im Radio wurde „unser Lied“ gespielt. Ich rief meinen Mann und ihm ging es wie mir. Wir waren beide augenblicklich schockverliebt in diese schokobraune Schönheit.
 
Sofort schrieb ich eine Mail an Frau Stockhausen und am nächsten Morgen kam dann ein Anruf: „Wenn sie möchten, können sie Lilly gerne mal kennen lernen.“  


Also machten meine Familie und ich uns auf den Weg nach Neuwied. Ich werde nie vergessen, wie ich Lilly das erste Mal real sah. Dieser Moment als Frau Stockhausens Sohn mit Lilly auf dem Arm die Stufen hoch ging, sie absetzte und Lilly sofort auf unsere Tochter zulief und mit ihr Ball spielte. „Das Kind ist der Eisbrecher“, sagte Frau Stockhausen. Ihre Worte brannten sich ein: „Dieser Hund ist ein Rohdiamant“. Genau das fühlten wir auch. Wir hatten unser fehlendes Puzzleteil gefunden.  

Wir durften Lilly mit nach Hause nehmen und fuhren im dicksten Schneegestöber in den Westerwald. Lilly hatte in den ersten 6 Monaten leider wenig kennen gelernt und konnte noch keine Treppen laufen, hatte Angst vor Regentropfen oder Blätter, die der Wind über die Straße fegte. Aber stärker als ihre Angst war von Anfang an, der Wunsch uns zu gefallen. Und schon nach ein paar Tagen zeigte sie uns, wie viel Unfug in so einem kleinen Boxerkopf stecken kann.  

Lilly war vom ersten Tag an immer mit dabei. Unsere Urlaube wurden danach ausgerichtet, ob man diese mit dem Auto erreichen kann und ob es dabei möglicherweise zu warm für Lilly werden könnte. Und so verbrachten wir wunderschöne Urlaube in Holland, bis nach Polen sind wir gefahren und ich glaube, Lilly war der gebildetste Boxer überhaupt, denn sie hat schon vor so vielen Sehenswürdigkeiten geschlafen: Das Brandenburger Tor in Berlin, die Wartburg in Eisenach, der Chiemsee in Bayern… Lilly war immer nur wichtig, dass sie bei uns war. Dafür hat sie dann auch die Aufregung des Urlaubes mit gemacht. Wir haben immer gesagt, Lilly ist der einzige Boxer, der bis drei zählen kann. Immer die Nase im Wind, auf ins Abenteuer, die Leine stramm nach vorne. Und nach drei bis vier Metern der Blick nach hinten, die Stirn in Falten: 1-2-3, alle aus der Familie sind da, wir können weiterziehen! Unvergessen, im strömenden Regen, Lilly und ich vor dem Supermarkt im Urlaub, unmöglich in die Ferienwohnung zu gehen. Denn: Der Rest der Familie war im Supermarkt und mit einem alleine ist sie nicht mitgegangen. Meine treue, sture Lilly.

Lilly war das Beste, was uns passieren konnte. Alles an ihr war richtig. Ich konnte mich zu 100% auf ihre Menschenkenntnis verlassen. Sie war der Freund aller Kinder, lieb zu allen anderen Hunden. Ihr Temperament hat sie  immer dosiert. Bei Kindern und gebrechlichen Menschen war sie rücksichtsvoll. Wer in ihren Auge stark genug war, wurde auch gerne boxertypisch stürmisch begrüßt.  Und wenn sie mal jemanden nicht leiden konnte, was sehr selten war, hatte ich das gleiche Gefühl wie Lilly: Mit dem stimmt etwas nicht. Unsere Katze hat sie akzeptiert, weil wir ihr es lange und ausführlich erklärt haben. Katzen im Garten wurden konsequent vom Grundstück gejagt. Da war sie etwas eigen.  

Lilly war 100% Liebe, pure Lebensfreude, ein vollwertiges Familienmitglied. Irgendwann wurden die Spaziergänge kürzer, aber da die Lebenslust und der Appetit da waren, begleiteten wir Lilly mit Unterstützung unserer Tierärztin noch für diesen letzten Sommer.  
Ich mag Hunde sehr. Und wenn ich Boxer treffe, geht mein Herz auf. Doch was wirklich magisch für uns war, war dieses Gefühl, das wir mit Lilly hatten. Herz und Seele vereint, Seite an Seite. Aufrichtige Liebe ohne Kompromisse. Vom ersten Tag bis zum letzten Atemzug.  

Vom ersten Tag an hatte ich Angst, vor diesem letzten Tag. Aber als wir das Unvermeidliche nicht herauszögern konnten, als wir verstanden, dass Lilly keine Chance hatte und feststand, das alle Behandlungen und Medikamente dieser Welt, Lilly nicht retten konnten, lösten wir unser Versprechen ein, dass wir ihr zu Beginn gegeben hatten. Unser letzter Liebesdienst. Sie nicht unnötig leiden zu lassen. Mein Mann unterbrach seine Geschäftsreise und kam vorzeitig aus
 
Berlin zurück, damit wir sie gemeinsam auf deiner letzten Reise begleiten konnten. Unsere Tierärztin sagte zu, Lilly am Sonntag zu Hause zu erlösen.  

Dieser Sonntag war einer der letzten warmen Tage in diesem unbeständigen, verregneten Sommer. Die ersten Zugvögel versammelten sich über unserem Haus. Lilly schaute uns alle noch einmal ganz intensiv an. Zum Aufstehen hatte sie keine Kraft mehr.  

Mit Lilly sind auch die Zugvögel gegangen. Vielleicht haben sie ihre Seele begleitet, dieser Gedanke gibt mir ein bisschen Trost.  

Sie liegt jetzt im Garten an einem ihrer Lieblingsplätze. Ich habe ihr ein paar Blumen auf ihr Grab gepflanzt, obwohl Lilly nie so richtig für Blumen war. Das war für sie Grünzeug, hat manchmal beim Ball spielen gestört und wurde auch gerne mal ausgebuddelt.  

Jetzt ist Stille im Haus und wir müssen damit klar kommen, dass unsere beste Freundin nicht mehr bei uns ist. Niemand der sich so sehr freut, wenn man mal fünf Minuten aus dem Zimmer war, niemand der so sehr schnarcht, dass alle Bären im Umkreis von 5 km verjagt werden. Niemand, der morgens bei mir vor der Vorratskammer das erste Leckerchen des Tages erbettelt und es nicht selbst frisst, sondern dem im Bett liegendem Herrchen bringt.  

Wir danken Frau Stockhausen sehr, dass sie uns dieses wundervolle Wesen anvertraut hat.  

Traurige  Grüße
Mariella, Bianca und Olaf Gläßer
+ Katzenkinder Mimi und Minou  





Abschiedsworte für Lilly von Tochter Mariella (15 Jahre)

Wir brauchten keine Worte
   

Auch wenn wir nicht sprachen, verstanden wir uns ohne Worte. Du brauchtest keine Worte, um deine unendliche Liebe auszudrücken. Es war viel ehrlicher und gutmütiger, wie etwas von einem Menschen geschaffene je sein könnte. Deine ehrlichen dunkelbraunen Augen, die die pure Liebe ausstrahlten, fühlten sich an wie Geborgenheit.

Du warst schön, wunderschön. Wie eine zarte Vergissmeinnicht, die sich Richtung Sonne neigt. Deine Nähe war das was ich brauchte, wenn ich niemand anderen um mich ertragen konnte.  

Deine letzen Stunden verbrachte ich mit dir.  
Mein Kopf neben deinem auf dem enzianblauen Bezug deines Körbchens. Meine Tränen, die an meinen Wangen herunterflossen, vorbei an deinen Augen, bis in das Ungewisse. Genau wie ich es dir versprochen hatte, ließ ich dich nicht alleine. Ich hielt deine Pfote, bis du deine Augen schloß. Eingeschlossen in einem grauen leeren Raum, hätte ich schreien wollen, als die Vögel sich versammelt haben, um in den Himmel aufzusteigen, um dich dabei zu begleiten, doch es hätte niemand gehört.

Am zwölften September zweitausendeinundzwanzig, der Tag an dem du uns verließt.

Dort draußen lagst du immer auf der Wiese und standest treu an unserer Seite. Nun ist uns nur noch die Wiese geblieben. Sie ist immer noch grasgrün, gleich lang und genauso viele Blumen wachsen auf ihr, wie vorher. Aber ich habe Angst es nie wieder fühlen zu können, wie es war, als du noch dabei warst. Angst zu vergessen, wie sich dein Bellen angehört hat, deinen Geruch zu verlieren oder irgendwann die Sachen, die einst dir gehört haben, wegzugeben.


Dein Halsband, dass du nun nicht mehr an deinem Hals trägst, hängt nun einsam an unserer Garderobe. Du brauchst es nun nicht mehr, aber ich glaube ich werde mich niemals davon trennen können.

Nie wieder wirst du schwanzwedelnd auf mich warten, wenn ich einen harten Schultag hatte. Nie mehr wirst du Platz neben mir auf der Couch nehmen und deinen schweren Kopf auf meine Beine legen. Nie wieder werde ich aufwachen und dich an meiner Seite haben. Nie wieder werde ich in diesem Leben deine Liebe zu spüren bekommen. Bitte bring mich zurück an den Tag, an dem wir uns zu erst getroffen haben.

Als du gegangen bist, hat sich etwas verändert. Es fühlt sich an, als wäre ein Teil zerbrochen und mit dir zusammen gegangen. Der Andere,der geblieben ist, ist nun mit Erinnerungen von dir gefüllt. Und wenn diese Erinnerungen sich wieder einmal aus meinen Augen herausschleichen und an meinen Wangen herunterpurzeln, dann weißt du, dass ich immer noch an dich denke. Du bist mit der Sonne aufgegangen und meine Erinnerungen an dich sind nun wie Sterne am Himmelszelt. Manche strahlen heller als andere. Bis ihr Licht bei uns ankommt, ist schon eine gewisse Zeit vergangen.
Doch jedes Mal, wenn die Sonne untergeht und man sie zu gesehen bekomm, freut man sich über jeden einzelnen.

Die Liebe, die zwischen unserem ,,Hallo“ und ,,Auf Wiedersehen“ steckte, bleibt ewig. Denn sie lebt weiter in unserem Herzen.

Du wirst vermisst, Lilly.

Mariella Gläßer (15 Jahre)


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