Falco benötigt eine intensive Betreuung und Pflege seines geschädigten Fußes. Uns allen ist bewusst, dass wir hier im Boxerhof diese Aufgabe nicht so leiten können, wie das erforderlich ist. Nach vielen sorgenvollen Tagen und Nächten haben wir Kontakt zu unseren Mietgliedern Barbara und Peter H. aufgenommen. Hier ist gerade unser Ehemaliger Spike verstorben und in der Familie lebt noch Anouk, eine ältere nette Boxer-Hündin (siehe Hochzeitsbild). Wir sind davon überzeugt, dass unser Ehepaar H. diese Aufgabe bewältigen könnte und haben zu ihnen volles Vertrauen. Nach mehreren Gesprächen und einer Bedenkzeit bekamen wir die Zusage, Falco in familiäre Pflege zu nehmen. Wir waren sehr erleichtert und überaus glücklich. Jetzt musste rasch die Übergabe und die Fahrt in die Schwäbische Alp organisiert werden.
Barbara, ganz Frau der Tat, kam mit Anouk zu uns nach Bad Oeynhausen, um Falco kennenzulernen und mit in das neue Zuhause zu nehmen.
Hier ist Barbaras erster Bericht:
"Jetzt ist Falco schon 4 Wochen bei uns.
Ein wirklich lieber Hund und doch nicht ganz einfach. Fangen wir von vorne an.
Das erste Kennenlernen auf dem Boxerhof ist stürmisch. Falco freut sich wie ein wilder und freut sich über jede Streicheleinheit. Auch unsere Hündin findet er ganz interessant, war sie kurz vorher doch erst läufig. Anouk ihrerseits will nur von ihm weg und ist erleichtert, als sie wieder ins Auto darf. Hat sie ihn doch ordentlich in die Schranken weisen müssen.
Am nächsten Tag hat sich dieses Thema bereits relativiert.
Der erste Verbandswechsel wird von mir auf dem Boxerhof vorgenommen. Falco muss von Lutz und Jenny regelrecht fixiert werden, entspannt sieht anders aus. Ich frage mich schon, wie ich das Zuhause alleine mit meinem Mann bewerkstelligen soll.
Das Ergebnis lässt nicht lange auf sich warten. Die Orthese fliegt nach nur wenigen Schritten auf dem Hof quer über denselben. Und so muss Falco wieder rein, Maulkorb an und auf den Boden. Danach wird Falco in den Kofferraum und Anouk auf die Rückbank verfrachtet.
Wenigstens steigt er gerne ins Auto ein. Ich allerdings bin den Tränen nahe!
Die erste Rast auf der Autobahn (wir haben ja nur 6 Stunden Fahrt vor uns), nachdem es im Auto schon öfters nach frischem Urin gerochen hat, pinkelt der Falco an jeden Zweig eines jeden Busches. Und auf einmal mag er nicht mehr einsteigen. Schnappt dann auch noch nach mir. Nun steh ich da, Anouk auf der Rückbank und Falco an der Leine vorm Kofferraum.
Wieder bin ich den Tränen nahe.
Dieser Hund ist einerseits so lieb und anhänglich und andererseits hat er einfach die Schnauze voll. Ständig muss er umziehen, ständig pfutscht irgendjemand an seinem Fuß herum. Bei allem Verständnis; was wünsche ich mir meinen Spike zurück. Spike der bei allem Schmerz und Kummer alles geduldig ertragen hat und höchstens die Pfote weggezogen hat oder einmal gewinselt hat. Und jetzt ist einer da, der schnappt und knurrt!
Das kann ja heiter werden!
Als wir dann endlich Zuhause ankommen wird erst einmal der untere Stock des Hauses immer wieder begutachtet, er findet kaum zur Ruhe. Verständlich bei den häufigen Umzügen die letzten Wochen mit Klinik etc. Mein Mann verbringt die erste Nacht bei ihm unten auf dem Sofa.
Auch am Sonntag inspiziert er immer Zimmer für Zimmer, sobald wir uns nur bewegen, steht er auf und läuft rum, pinkelt uns teilweise sogar in die Wohnung.
Was sofort auffällt: Er folgt uns nie in den Flur. Er würde sehr gerne zur Haustür gehen, aber da muss man an der Treppe vorbei. Augenscheinlich hat er vor dieser regelrecht Panik und erstarrt zur Salzsäule.
Nächste Auffälligkeit: Sobald er Menschen sieht, dreht er vor Freude vollkommen ab und lässt sich nicht beruhigen. Selbst auf der Straße freut er sich über jeden wildfremden Menschen, der uns entgegenkommt.
Und dann steht da noch der nächste Verbandswechsel an – Schweißausbruch!
Maulkorb an und los – hilft ja nix! Mein Mann kann zum Glück Hund und Frau beruhigen, so dass wir das in etwas über einer halben Stunde erledigen können. Erstaunlich, dass Falco jetzt schon ruhiger ist, als er es nur eine Sekunde im Boxerhof war.
Die Nacht auf Montag schlafe ich bei ihm unten.
Nun hat der Hund jede Menge „Probleme“ mitgebracht, als mich Frau Laue angerufen hat und uns gebeten hat Pflegefamilie zu werden, haben mein Mann und ich das besprochen.
Es kommt ein neuer Hund, er kennt uns nicht, wir kennen ihn nicht. Er ist nicht unser Spike und das soll er auch nicht sein. Möglich, dass Falco ein anderes Kaliber ist und wir uns dem dann stellen müssen. Dass er schnappt, wenn es ihm zu viel wird, hat Manuela vorab schon durchblicken lassen.
Mit allen drei Hunden von der BNH hatten wir bisher viel Glück und die „Macken“ waren überschaubar. Bei Falco sind es gleich so viele und ich stehe vor diesem Berg und denke mir, dass jetzt keinem geholfen ist, wenn ich verzweifle und wir ja alle dem Falco helfen wollen. Also Falco, lass dir jetzt gefälligst helfen!
Und so machen wir uns an die Arbeit:
Gleich am Montag haben wir einen (Notfall-)Termin bei unserer Tierärztin bekommen. Da Falco immer zum Pinkeln ansetzt, aber erst nach dem dritten Versuch der Urin kommt. Diagnose: Blasenentzündung und erstmal Antibiotika. Dabei haben wir auch gleich die Adresse des Arztes bekommen, der die Röntgenuntersuchungen vornehmen wird.
Am Montag startet dann auch die konsequent strenge Erziehung. Er darf uns nicht mehr hinterher laufen und kontrollieren, was wir tun. Ihn stumm zu seinem Platz weisen und notfalls mit dem eigenen Körper den Weg blockieren hat hier schon vollkommen ausgereicht. Begrüßungsregeln für uns und unsere Gäste werden eingeführt und so werden beide Hunde nun erst beachtet, wenn sie das Interesse an uns schon längst wieder verloren haben und ruhig auf ihrem Platz liegen. Falco tut das unwahrscheinlich gut und bereits am zweiten Tag, ist er schon nach fünf Minuten wieder ruhig und muss auch nicht mehr ewig hecheln.
Anouk hat eher darunter zu leiden, ist das Begrüßen bei ihr doch das Schönste und freut sie sich dabei doch immer ein Loch in den Bauch. Aber auch sie lernt schnell und wackelt jetzt immer an, um dann auf halber Strecke umzudrehen und sich schnell auf ihren Platz zu setzen, um die Begrüßung abzuholen.
Bei den kurzen Gassirunden, die Falco nur absolvieren darf, muss er die ersten paar Meter nun immer Fuß-Steh-Fuß-Steh-Fuß gehen, damit er sich gar nicht so hochpusht und gleich weiß, auf wen er zu achten hat. Wenn er sich dementsprechend ruhig zeigt, darf er mittlerweile auch von der Leine und ausgiebig schnüffeln. Ist er zu hibbelig und zeigt Anzeichen zum Rennen, bekommt er nur die lange Leine.
Nach wenigen Malen hat er verinnerlicht, dass erst der Mensch durch die Tür geht und dann der Hund. Bekommt er seinen Napf, sucht er mittlerweile schon den Blickkontakt und wartet auf das Signal „Nimms“ ehe er zu fressen beginnt und in die Wohnung pinkelt er gerade nur noch, wenn er länger als eine Stunde alleine sein muss.
Leider orientiert er sich nicht wirklich an Anouk, was die Stimmung angeht. Die zwei zeigen Anzeichen des Spielens und des Kuschelns, aber er kann ganz unabhängig von ihr aufgeregt oder ruhig sein.
Den Verbandswechsel führen wir schon seit dem zweiten Tag ohne Maulkorb durch. Er darf während ich am Fuß hantiere auf seinem Ochsenziemer rumknabbern und kann so den Stress wegbeißen.
Nun können wir den Verband bereits auch wechseln ohne Ochsenziemer (falls er mal leer gekaut ist) und er liegt dann ruhig und abwartend da. Das Waschen zwischen den Zehen ist dann zwar das Schlimmste, aber wenn er auch mal selber lecken darf, ist er zufrieden.
Die Orthese haben wir bei einem Kumpel von meinem Mann, einem Orthopädiemeister für Kinder, noch etwas anpassen lassen. Da er diesbezüglich nun so entspannt ist, konnte Simon hier direkt am Hund Maß nehmen.
Ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle an Simon und seiner Firma „Einfach machen“ in Ulm, dass er sich die Zeit genommen hat und uns mit hilfreichen Tipps versorgt hat. Seitdem rutscht der Verband in der Orthese nämlich nicht mehr nach unten und wir sind absolut druckstellenfrei! Übrigens hat die Anpassung der Orthese ein Feierabend-Bier gekostet ;)
Auch für die Baustelle „Treppe“ haben wir eine Lösung!
In den Flur traut er sich sehr schnell alleine. Ist der Mensch, der durch die Haustür kommt doch Motivation genug. Der Treppe würdigt er dabei aber nicht eines Blickes.
Da weder mein Mann, noch ich Lust haben unser Bett gegen das Sofa einzutauschen, bleibt nichts anderes übrig, dass die Hunde unten bleiben.
Anouk kommt aber irgendwann nach ein paar Stunden hoch und legt sich in ihr Bettchen im Schlafzimmer. Worauf Falco dann unten auf Wanderschaft geht, winselt und pinkelt.
Also doch wieder auf´s Sofa.
Dann beschließen wir, dass Falco mit hoch muss. Gehört er doch zum Rudel, ist es nur richtig und fair, wenn er auch im Schlafzimmer in seinem Bettchen schläft.
Also muss mein Mann ihn abends hoch tragen und ich ihn irgendwann morgens runter, da mein Mann zu dieser Zeit dann schon außer Haus ist.
Irgendwann muss er dann mit zu meinen Eltern und da steht eine lange Treppe im Weg zu den Wohnräumen. Die können wir noch über den Garten umgehen, aber die paar Stufen zur Terrasse hoch, geht er dann so selbstverständlich, wie man das mit so einer Orthese eben machen kann. Und zwar in dem Moment, als ich ihn am Geschirr festhalte, um ihn hochzuheben. Tja, dein Fehler Falco! Ab sofort gibt es das Geschirr an, er wird gesichert und läuft abends die Treppen hoch und morgens die Treppen runter. Unterwegs gibt es das Podest zum Ausruhen. Sind wir nicht da, wird die Treppe verrammelt. Nicht, dass er noch auf dumme Gedanken kommt. Und zur Schonung unserer Nerven und unseres Bodens bekommt er eine Windel an, wenn wir außer Haus gehen.
Dies schon rechtzeitig, damit er so wenig wie möglich, die Windel mit unserem Gehen verbindet.
Nun steht das Kontrollröntgen an. Es gibt morgens kein Futter, da er eventuell sediert werden muss. Im Wartezimmer zeigt er sich noch freudig und verspielt, geht auch noch freiwillig auf den Untersuchungstisch. Ich erkläre den Ärzten was ich bisher weiß und wie er bisher behandelt wurde. Dann möchte sich der Arzt ein Bild von dem Gelenk machen und Falco legt den Schalter um. Hat der Mensch da vor ihm doch einen weißen Kittel an und will an seinen Fuß. Falco windet sich hin und her, knurrt und schnappt und fällt bei allem Unmut beinahe noch vom Tisch. Die Ärztin sucht nach einem passenden Maulkorb und der Arzt berechnet schon die richtige Dosis für die Sedierung. In solchen Momenten kann ich kaum glauben, dass er nur 31 kg wiegt. Bringt er doch eine Kraft auf, die ich schier nicht bewältigen kann.
Nachdem ich ihm dann seinen Maulkorb angelegt habe, den wir vom Boxerhof mitbekommen haben, beruhigt er sich etwas. Als wolle er uns sagen: „Hey, nicht ohne meinen Maulkorb! Ich könnte euch verletzten!“
Er setzt sich ordentlich auf den Tisch und ich kann ihm die Orthese abmachen. Ich bekomme ein großes Lob vom Arzt, weil er ein Bein voller Drucknekrosen erwartet hat und wir nicht eine(!) Druckstelle haben. Habe ich diesem Thema bis heute keine größere Bedeutung beigemessen, ist mir nun bewusst, dass die ganze Behandlung mit der Orthese auch ganz schnell zu Ende sein könnte, wenn solche Stellen eine dementsprechende Größe erreichen.
Wieder bin ich den Tränen nahe – vor Freude!
Und dann lässt sich Falco auch noch ohne Sedierung röntgen. Sowohl bei der Seitenaufnahme, als auch bei der Aufnahme von oben. Die Ärzte bringen ihn zu dritt in Position, während er mir in die Augen schaut und das alles über sich ergehen lässt.
Allerdings musste er die Ärztin dann beim Krallen schneiden nochmal anknurren.
Das gehört sich für Falco eben so!
Laut Aussage des Arztes wird das Gelenk auf natürliche Art versteifen und dadurch an Beweglichkeit einbüßen. Wenn dieser Prozess abgeschlossen ist, dürfte Falco dadurch aber wieder eine Belastbarkeit des Gelenkes erhalten, die ihm ein Leben ohne Orthese möglich macht. Die nächste Untersuchung müssen wir in 6-8 Wochen vornehmen.
Bis dahin werden wir weiter den Müffelfuß waschen, Ochsenziemer kauen und das alleine sein üben, üben, üben ..."
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Barbara und Ihrem Mann Peter ein ganz großes Dankeschön und Kompliment für ihre tolle Arbeit und all das, was sie für Falco leisten.
Wir wissen, dass das alles nicht einfach und nicht selbstverständlich ist. Um so größer ist unsere Wertschätzung und Hochachtung.
Falco benötigt auch in den kommenden Monaten weiterhin regelmässige tierärztliche Behandlungen und Medikamente, wie auch sehr viel Verbandsmaterial. Darum ist es ganz wichtig, dass Falco für diese Zeit durch die Übernahme von Patenschaften oder durch Spenden unterstützt wird. Hierfür danken wir Ihnen sehr.
Boxer Nothilfe Deutschland e. V.
Volksbank Bad Oeynhausen-Herford eG
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BIC: GENODEM1HFV
Stichwort "Falco"